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Nach einem genüßlichen Mittagessen im Gasthaus
„Franzl“ in Trögern – jetzt fällt uns auf, daß wir
schon wieder einen Teil unseres Berichtes mit einer Mahlzeit beginnen
– spazieren wir in gemütlichem Tempo die Straße hinab. Kein Grundlärm,
das fällt uns auch hier besonders auf, nur fröhliche Vogelstimmen aus
dem Wald begleiten uns zurück zu unserem Ausgangspunkt. Als nächstes
Ziel haben wir uns Bad Eisenkappel gewählt, das nur wenige Kilometer
von der Trögerner Klamm entfernt ist. Bad Eisenkappel – eine wunderschöne Kleinstadt am Fuße der Karawanken und letzter Ort vor der Grenze zu Slowenien. Nein, nicht letzter Ort, sondern erster Ort Richtung Slowenien, gehören wir doch mit Anfang nächsten Jahres zusammen, sind dann nicht nur Nachbarn, sondern richtige Familienmitglieder im vereinten Europa. Wenn man wenige Kilometer neben dem Eisernen Vorhang aufgewachsen ist und immer wieder die Hoffnung gespürt hat, es könnte doch einmal eine Lockerung der Grenzkontrollen geben, die damals noch mit angeschlagenen MPs unterstützt wurden, der freut sich heute noch immer, daß das schon über ein Jahrzehnt her ist. Zurück zu Bad Eisenkappel, übrigens auch die südlichste Gemeinde Kärntens und im 13. Jahrhundert als Markt erstmals erwähnt. Die Bewohner, auch der engeren Umgebung, lebten im 14. Jahrhundert vom privilegierten Handel mit Meersalz und später vom Lavanttaler Eisen, das vor dem Weitertransport über den Seeberg in Eisenkappel gelagert wurde. Der Bergbau, der bereits seit dem 12. Jahrhundert nachzuweisen ist, prägte die Menschen. Dessen völlige Einstellung 1941 fügte der ganzen Region einen empfindlichen wirtschaftlichen Dämpfer zu, war er doch Einkommensgrundlage für Hunderte Familien. Auch wenn das damalige Einkommen vielleicht gerade, wenn überhaupt, mit dem heutigen Existenzminimum zu vergleichen ist. Man muß sich das vorstellen – auch wenn wir an dieser Stelle eigentlich vorhatten, nur Beschauliches und Erbauliches zu vermitteln: Die Knappen machten sich um drei, spätestens vier Uhr Früh auf den Fußweg zum Stollen und kehrten nach zumindest 10 Stunden Arbeit plus Rückmarsch um neun, zehn Uhr abends zurück. Der Verdienst reichte meist gerade dafür, die Familie ernähren und die zugigen Hütten über den Winter halbwegs erträglich warm zu halten. Eigentlich unvorstellbar. Aber nicht nur das hat sich, glücklicherweise, geändert, auch Eisenkappel hat sich von einer – im Sinne des Wortes – atemraubenden Umklammerung gelöst und mit vielleicht gemischten Gefühlen die Schließung der letzten Industriebetriebe hingenommen. Hunderte Arbeitsplätze im Tausch gegen dramatische Verbesserung der allgemeinen Umweltqualität. Man hat sich in Eisenkappel definitiv auf Waldwirtschaft, Tourismus und – nicht zuletzt – Gesundheit konzentriert. Auf „Wellness“, wie man Neudeutsch so schön sagt. Inmitten eines 20.000 Quadratmeter großen Parks bietet ein Vier-Sterne-Kurzentrum alles, was abgespannte und über die Maßen beanspruchte Körper so brauchen. Wir sind noch unternehmungslustig und wühlen derweilen in „Österreichs größter Schatztruhe“. In einem modernen Shop, auf den der verstaubte Begriff „Geschäft“ beim besten willen nicht zutrifft, finden wir alles, was uns an der Region nur interessieren kann. Wir befinden uns sozusagen in der Talstation der berühmten Obir Tropfsteinhöhlen, wo die Besucher in Gruppen aufgeteilt in Shuttlebusse geleitet werden. Damit verhindert man schlauerweise mehrere Unannehmlichkeiten, die – auf den zweiten Blick – auch dem Gast selbst zugutekommen: Es gibt keine überfüllten Wartezonen beim Höhleneingang, die Gruppen, die durchgeführt werden, sind immer nur so groß, daß wirklich jeder etwas von dem Erklärten mitbekommt, und, nicht zuletzt, hat man dadurch völlig unnötigen Individualverkehr auf den Hochobir unterbunden. Und im modernen Bus sitzend hat man schließlich auch etwas von der wunderschönen Landschaft.
Eine halbe Stunde braucht man also im Bus von Büro der Tropfsteinhöhlen im Zentrum von Bad Eisenkappel bis zur großzügig angelegten Bergstation, wo man sich vor der etwa 90minütigen Durchquerung des Bergmassivs noch mit Bodenständigem stärken kann. Dann fassen wir gelbe Helme aus und nähern uns – mit ein wenig Spannung – dem Eingang zur Obir Tropfsteinhöhle, die uns mehr als 1000 Meter im Berg rauf und runter führen wird. Die Mitarbeiter, die zig-Tausenden im Jahr diese faszinierende, unbekannte Welt nahebringen, sind übrigens staatlich geprüfte Höhlenführerinnen und -führer. Das Gruppenfoto, das man hier von uns macht, hat neben dem üblichen Erinnerungswert, auch einen praktischen Sinn: anhand dessen kann am Ende der Führung kontrolliert werden, ob auch wirklich alle heraußen sind. Es gibt nämlich immer wieder Besucher, die auf eigene Faust Erkundungstouren veranstalten wollen.
Wir wollen das keinesfalls und gruppieren uns um unseren Führer, der uns auf eine nachempfundene Bergwerkkarte hinweist und uns auf die wichtigsten Eckdaten der Höhlen vermittelt: die Bergwerktätigkeit geht zurück bis ins 11. Jahrhundert, intensiv ist im 14. und 18. Jahrhundert in mehreren privaten Bergwerken gearbeitet worden; 1870 hat die Bleiberger Bergwerksunion auch diesen Standort übernommen. Mitarbeiter der BBZU haben dann das Höhlensystem des Obirs entdeckt. Man muß sich das einmal vorstellen: Es gibt ungefähr 600 Kilometer Stollengänge im gesamten Obirsystem Der Obir selber ist 2140 m hoch ist komplett von Wettersteinkalk aufgebaut und stammt aus der Trias-Zeit, ist also 180 bis 230 Millionen Jahre alt. Grüne und hellblaue Flächen auf der Karte zeigen das Ausmaß der Naturhöhlen, die durch Wasser und Luft immer größer und größer geworden sind. Die Tropfsteine sind, zum allgemeinen Ärgernis, begehrte, aber illegale Sammelobjekte. Es gibt nämlich praktisch keine Höhle gibt mehr, die nicht unter Naturschutz stünde. Im deutschen Nordrheinwestfalen gibt es Hunderte Tropfsteinhöhlen unterschiedlicher Größe, die heute eigentlich keine mehr sind. Sammler, Hehler und Vandalen haben dafür gesorgt, daß dort nichts mehr zu besichtigen ist, die Höhlen sind nahezu alle geschlossen. Wachsen kann nur dann etwas, wenn Niederschlag durch das Gestein sickert, wodurch sich auch schon zeigt, daß hier natürlich auch die Schwerkraft eine wesentliche Rolle spielt. Das stark mineralhaltige Sickerwasser, das durch die Höhlendecke eindringt, bildet Tröpfchen, die schließlich beim Abtropfen sogenannte Tropfröhrchen bilden. Über Jahrtausende bildet sich so ein Deckenzapfen, den man als Stalaktit bezeichnet. Von diesem tropft das Wasser weiter auf den Höhlenboden, wo ebenfalls Mineralstoffe abgelagert werden. Gebilde, das dadurch entsteht, wird als Stalagmit bezeichnet. Wenn die beiden nun ausreichend Zeit haben, wir sprechen hier von Millionen von Jahren, können sie auch zusammenwachsen, was man dann als (Sinter-) Säule bezeichnet. Durch die unterschiedlichen Mineralien, die das Sickerwasser aus dem Gestein mitnimmt, entstehen auch unterschiedliche Einfärbungen, die besonders bei guter Beleuchtung wahre Augenweide sind. Zum besseren Verständnis: Ein Kubikzentimeter (!) Wachstum dauert 500 bis 1000 Jahre!
Nun wollen wir aber in die Tiefen des Berges und damit in ein märchenhaftes Rätsel eintauchen, in eine Zeitreise, die den Besucher in das Jahr 1870 zurückversetzen soll. Es ist den Visionären, Planern, Architekten, Ton-, Licht- und Filmtechnikern und Handwerkern gelungen, in 25 interaktiven Stationen die Geschichte des Bergknappen Marion zu erzählen, der sich – frevelhafterweise – sich an einem Stalaktiten vergriffen hat und von den Berggeistern prompt in einen solchen verwandelt wurde. Die Kinder können nun, durch mehrere Hinweise, ein Rätsel lösen, das zur Befreiung des Knappen führt. In Sechs-Kanal-Technik, also Akkustik par excellence, tönt es aus versteckten Winkeln: „Ich, ein junger Bergmann, bin gefangen in dieser wundersamen Welt. Geboren zu Eisenkappel anno 1846. Wagte zu viel. Achtete nicht der Bergfeen, der Zwergen stilles Geheimnis. Nun halten sie mich hier gefangen. Einst verliebt, sehne ich mich nach den Menschen, die mir nahe standen. Berg – ich rufe Dich, gib mich frei! Ihr Feen, Gestalten der Urzeit, gestattet mir meine Wiederkehr ... Du, wundersamer Besucher, spüre meinem Geheimnis nach. Wandle meine menschenleere Höhlenwelten des Obir in belebtes Menschenwerk. Rette mich!“ Viele lebensgroße Gestalten stellen die Arbeitswelt dar, unzählige Utensilien runden diese Bilder einer vergangenen Zeit ab. Von überall tönen Stimmen und Geräusche. Bis, ebenso professionell wie bisher, die erste Audiovision geboten wird: In einer kleineren Grotte ist eine kaum erkennbare Leinwand installiert. Man erzählt uns, es handele sich hierbei um ein neues Produkt aus amerikanischen Filmstudios. Das tolle daran ist, daß man die Leinwand, die in der Mitte der Grotte gespannt ist, erst also solche erkennt, wenn darauf projiziert wird. Denn dann löst das Licht des Projektors vereinzelt Spiegelungen aus. Ansonsten könnte es sich ohne weiteres als die erste dreidimensionale Projektion handeln.
Wir sind versucht, Ihnen eine detailgetreue Beschreibung über das
Pünktlich nach eineinhalb Stunden verlassen wir das Labyrinth auf der Rückseite des Gipfels und stapfen durch ein wenig liegengebliebenen Schnee zurück zur Bergstation. Es hat sich inzwischen ein wenig bewölkt, die Sicht ins Tal ist etwas getrübt. Ein Blick hinunter zahlt sich allemal aus. Hoffentlich haben wir morgen klares Wetter, denn unser nächstes großes Erlebnis ist eine Fahrt auf die Petzen, den Hausberg Südkärntens. Dort, so verspricht man uns, werden wir einen herrlichen Ausblick auf das Jauntal und die umliegenden Berge, Hügel und Seen haben.
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